Das KONZEPT der Erziehung in Elternhaus, Kindertagesstätte und Grundschule

Barbara Stein und Fachgruppe „Theorie“ der Dozentenkonferenz der deutschen Montessori-Vereinigung e.V. (Stand 2014)

 

1. Das Lebenswerk Montessoris

Durch Studium, Beobachtung und Reflexion gewann Maria Montessori Erkenntnisse über den kindlichen Selbsterziehungsprozess und schuf eine pädagogische Philosophie und Praxis, die bestimmt war von der Achtung der Person und ihrer Selbstbestimmung und vom Bewusstsein der Verantwortung für die Welt.

Entscheidend war, dass unter ihrer Anleitung Kindergärten und Schulen gegründet wurden, die aus ihren Erkenntnissen praktische Konsequenzen zogen. Dadurch wurden neue Unterrichtsformen und didaktisches Arbeitsmaterial entwickelt, die dem kindlichen Forschungs und Entwicklungsdrang Raum gaben und selbstbestimmtes Lernen ermöglichen.

Durch die Umsetzung ihrer Ideen in die Praxis und durch Ausbildungskurse in vielen Ländern der Welt schuf Maria Montessori für alle interessierten Pädagogen die Möglichkeit, ebenfalls die neuen Unterrichtsformen und Arbeitsmittel kennenzulernen. So wurde das Konzept der Montessori-Kindergärten und –schulen vielfältig erprobt und gesichert; Montessori- Einrichtungen sind auf der ganzen Welt verbreitet.

(1) Holtstiege, Hildegard, Modell Montessori, Freiburg 2009, S.223 www.montessori-vereinigung.de/biographie

Mit der von Maria Montessori und ihrem Sohn Mario gegründeten „Association Montessori International“– AMI, Sitz Amsterdam, arbeiten Montessori-Gesellschaften und –vereine aus allen Kontinenten zusammen. In Deutschland gibt es zahlreiche Montessori-Einrichtungen: Montessori-Kindergärten, genannt: „Kinderhäuser“, Kindertagesstätten, Grundschulen und Förderschulen, integrative Grundschulen, Haupt-, Real-, Sekundar- und Gesamtschulen, sowie Gymnasien.(2) Die Einrichtungen sind in privater, städtischer, evangelischer, katholischer oder sonstiger Trägerschaft. Erzieher(innen) und Lehrer(innen), die an Montessori-Einrichtungen arbeiten, müssen in einem standardisierten Ausbildungskurs von ca. 300 Stunden das „Montessori- Diplom“(3) erwerben bzw. das Montessori-Diplom vorweisen.

(2) Vgl. auch: Ludwig, Harald / Fischer, Christian / Fischer, Reinhard (Hg), Montessori-Pädagogik in Deutschland. 40 Jahre , Montessori-Vereinigung e.V. Münster, 2002 S. 11

(3) www.montessori-vereinigung.de

2. Das Kind von 0 – ca. 11 Jahren und der Erziehungsprozess

Das Kind wird geboren mit dem Drang zu lernen und zu wachsen. Sein spontanes Bedürfnis, sich aktiv mit der Umwelt auseinander zu setzen, führt zu Erkenntnisprozessen, die seine Persönlichkeit bilden. Es erlebt sein Wachstum mit großer Freude, sofern es von einfühlsamen Erwachsenen begleitet wird und in einer anregenden Umwelt lebt.

Der Erziehungsprozess ist im Wesentlichen ein Selbsterziehungsprozess. „Hilf mir, meine Arbeit selbst zu tun“, ist zu einem Leitwort der Montessori-Pädagogik geworden. Der Satz bezeichnet treffend die beiden Komponenten von Erziehung, wie Montessori sie sieht: Die Erwachsenen schaffen die Bedingungen, die ,das Kind braucht, damit es durch eigene Kraft seinen Wachstums- und Bildungsprozess vorantreiben kann.

Montessori entdeckte, dass bereits kleine Kinder zu tiefer Konzentration auf eine Sache fähig sind. Sie gewinnen dadurch wesentliche Erfahrungen mit den Dingen ihrer Umwelt wie mit sich selbst. Deswegen ist die Konzentration „von größter Wichtigkeit für das innereWachstum“(4). Denn in der „Polarisation der Aufmerksamkeit“(5) setzt sich das Kind mit den Dingen und Erscheinungen seiner Umwelt auseinander, lernt sie verstehen und ordnet sie in sein Denken ein. Dabei gewinnt es nicht nur Wissen und Einsichten, sondern auch Selbsterkenntnis und Selbstvertrauen. Deswegen müssen die erzieherischen Bemühungen darauf zielen, spontane Konzentrationsprozesse zu ermöglichen, zu erhalten und zu vertiefen.

Erziehungsziel ist die psychisch gesunde und eigenständige Persönlichkeit, die ihre Begabungen wahrnehmen und nutzen und ihre Schwächen kompensieren kann.

Das Kind durchläuft verschiedene Entwicklungsphasen. Jede Entwicklungsphase ist durch bestimmte Sensibilitäten – Montessori nennt sie „sensible Perioden“(6) – gekennzeichnet. In bestimmten Zeitphasen sind die Kinder besonders bereit, spezifische Fähigkeiten (Bewegung, Sprache, u.a.) optimal und leicht zu erlernen. Sie wenden sich mit intensiver Konzentration entsprechenden Bildungsanreizen zu, erwerben formale und inhaltliche Kompetenzen und prägen sie sich dauerhaft ein. So führt beim kleinen Kind (0-ca.6 Jahren) die Sensibilität für Sinnesreize und Bewegung zur Freude an allen Übungen, die zur Bewegungs- Koordination, zum Begreifen der Umwelt und zur Selbst-Beherrschung entscheidend beitragen.

Die Sensibilität für Sprache führt zum mühelosen Absorbieren jeder Muttersprache und übt gleichzeitig die Fähigkeit, überhaupt sprechen zu können. Die Sensibilität für das Erfassen von Ordnungsstrukturen der Umgebung führt zum Aufbau geistiger Ordnungsstrukturen und zum Erfassen ordnender Kategorien (Eigenschaften von Gegenständen wie Größe, Länge, Gewicht u. a., von zeitlichen Ordnungen, von Ritualen usw.) Durch die Sensibilität für soziale Interaktionen kann bereits das Neugeborene Kontakte aufnehmen und in die menschliche Gemeinschaft hinein wachsen.

(4) Montessori, Maria Grundgedanken der Montessori-Pädagogik, Freiburg 2008, S. 24
(5) Montessori, Maria, Schule des Kindes, Freiburg 1976, S.70 Holtstiege, Hildegard, Modell Montessori, Freiburg 2009, S.180 f
(6) Montessori, Maria, Kinder sind anders, Stuttgart 2010, S.65 f Holtstiege, Hildegard, Modell Montessori, Freiburg 2009, S. 68 f
(7) Spitzer,Manfred, Lernen – Gehirnforschung und die Schule des Lebens, Berlin 2002, S. 210

Das Kind von ca. 6 bis ca. 11 Jahren interessiert sich für das Erlernen der Schriftsprache (Lesen, Schreiben, sprachliche Strukturen,sich schriftlich mitteilen), sowie das Erfassen und das Einüben von Mathematik. Aufgrund seiner wachsenden Abstraktionsfähigkeit möchte das Kind Ursachen und Wirkungen von Naturerscheinungen erforschen. Seine sich steigernde Vorstellungskraft vermag in immer weitere Zusammenhänge unseres Kosmos einzudringen.

Das Grundschulkind will seine Interaktionen ausweiten; die Gruppe wird wichtig. Es ist sensibel für Fragen, die sich auf Gerechtigkeit und Moral beziehen, es sucht nach überzeugenden Wertmaßstäben und möchte diese im Leben der Gemeinschaft erkennen und einüben.(7)

Sensible Phasen sind an bestimmte Entwicklungsstufen geknüpft und von vorübergehender Dauer. Es ist Aufgabe der erziehenden Personen durch genaue Beobachtung zu erkennen, welche Aspekte der Umgebung sich das Kind für das Lernen besonders intensiv nutzbar machen kann. Die verschiedenen pädagogischen Einrichtungen orientieren sich an den Lernbedürfnissen der jeweiligen Entwicklungsstufe, damit sie durch entsprechende Angebote bestmöglich darauf antworten können.

(7) Montessori, Maria, Von der Kindheit zur Jugend, Freiburg 1966, S. 26 f

3. Montessori-Erziehung in Elternhaus, Kinderkrippe oder Spielgruppe

Die Eltern und andere Bezugspersonen sichern Lernen und Wachstum des Kleinkindes. Sie wenden sich ihrem Kind liebevoll zu und geben ihm Orientierung durch Zuverlässigkeit der persönlichen Beziehungen, des Tagesablaufs und der Wohnräume. Sie sprechen mit ihm und lassen es an ihrem Leben teilhaben. Sie regen es zu Tätigkeiten an, indem sie geeignetes Spielzeug oder andere Dinge bereitstellen, seinen Spiel- und Arbeitszyklus achten und darin seinen Selbsterziehungsprozess erkennen. Sie sorgen für Kontakte mit anderen Kindern und mit der Umwelt und sie erfreuen sich an seinen Lernfortschritten.

4. Das Kinderhaus

Montessori-Kindergärten oder Kindertagesstätten (Kitas) werden Kinderhaus genannt, abgeleitet von ital. „casa dei bambini“. Seine Einrichtung korrespondiert mit den Entwicklungsphasen zwei- bis sechsjähriger Kinder und bieten Lernanreize, die den sensiblen Perioden dieser Phasen entsprechen. Der Tag ist strukturiert durch Phasen des Freispiels, der gemeinschaftlichen Aktivität und der Bewegungsspiele auf dem Spielplatz des Kinderhauses. Im Gruppenraum finden sich nach Entwicklungs- bzw. Lernbereichen geordnete Arbeitsund Spielmittel. Je nach Konzept des Kinderhauses können auch jeweils einzelne Räume thematisch gestaltet sein. Die Erzieherinnen und Erzieher sind die Interpreten (8) kindlicher Verhaltensweisen. Durch teilnehmende Beobachtung gewinnen sie Kenntnisse über den Entwicklungsstand und die Entwicklungsbedürfnisse des Kindes und unterstützen es in seinem Selbsterziehungsprozess: Sie geben den Kindern Orientierung durch Zuverlässigkeit der persönlichen Beziehungen, des Tagesablaufs und der Ordnung in den Räumen, respektieren den Spiel- und Arbeitszyklus des Kindes und sorgen dafür, dass es ungestört arbeiten (spielen) kann.(9) Sie gestalten die Räume des Kinderhauses und tragen Sorge für Vollständigkeit und Intaktheit des Arbeits- und Spielmaterials. Denn die „vorbereitete Umgebung“(10) mit ihren didaktischen Mitteln ist entscheidend wichtig für das Wachstum und Lernen des Kindes. Das kindliche Interesse an Bewegung (11) und aktiver Nachahmung (12) findet in den „Übungen des täglichen Lebens“ vielfältige Handlungsmöglichkeiten.

(8)       Montessori, Maria, Das kreative Kind, Freiburg 1972, S. 122
(9)       Montessori, Maria, Das kreative Kind, Freiburg 1972, S. 253
(10)     Montessori, Maria, Grundgedanken der Montessori- Pädagogik, Freiburg 2008, S. 98f Holtstiege, Hildegard, Modell Montessori, Freiburg 2009, S. 128 f
(11)     Montessori, Maria, Kinder sind anders, Stuttgart 2010, S. 137f
(12)     Montessori, Maria, Das kreative Kind, Freiburg 1972, S. 151 Holtstiege, Hildegard, Modell Montessori, Freiburg 2009, S. 94 f

Beispiel für eine „Übung des täglichen Lebens“: Kerze anzünden und wieder löschen.

Das „Sinnesmaterial“ (13) korrespondiert mit der Freude an sensorischen Reizen, verfeinert die Sinneswahrnehmung und regt zur Erforschung von grundlegenden Ordnungskategorien an. Es ist ein „Schlüssel zur Welt“ (14), der es den Kindern erlaubt, aufgenommene Eindrücke zu verarbeiten und zu ordnen.

(13)     Montessori, Maria, Die Entdeckung des Kindes, Freiburg 2010 S. 120f f Holtstiege, Hildegard, Modell Montessori, Freiburg 2009, S. 101 f
(14)     Montessori, Maria, Grundgedanken der Montessori-Pädagogik, Freiburg 2008, S. 33

Die Freude an der Sprache führt durch die Ansprache der Erzieherinnen, durch Sprachspiele. Erzählen und Lieder zur Erweiterung des Wortschatzes. Die Kinder untereinander haben vielfältigen sprachlichen Kontakt. Auch zum Kennenlernen von geschriebener Sprache werden Materialien angeboten. Denn das Interesse der Kinder an Buchstaben erwacht deutlich vor dem Schuleintritt. Das Mathematik-Material antwortet auf das kindliche Interesse an Ordnungsstrukturen, die es in Zahlen und Rechenoperationen entdecken kann.

5. Die Grundschule

Die Unterrichtszeit ist geteilt in eine Zeit des selbstbestimmten Lernens, genannt Freiarbeit15 und eine Zeit des Lernens in gebundenen Formen, dem ergänzenden Unterricht. Die Freiarbeit ist fächerübergreifend, der ergänzende Unterricht ist fachgebunden, kann aber auch fächerübergreifend organisiert sein. Auch Unterrichtsgänge, Klassen- und Schulfeiern, Gottesdienste und Klassenfahrten gehören zum Schulleben dazu. Das Grundschulkind ist voller Lernbegier. Jetzt kann „die Saat von allem gesät werden“, „was zur Bildung keimen will.“

(16) Das bedeutet: Den Kindern sollen die Türen zu vielen Wissensgebieten geöffnet werden. Der Unterricht muss so organisiert sein, dass das Kind Erfahrungen machen kann und durch seine Aktivitäten Bildungsziele erreicht.

Ein wesentlicher Faktor ist dabei die Gestaltung der Lernumgebung. Diese wird bestimmt durch das Interesse des Grundschulkindes an den Erscheinungen der Natur, des Kosmos und an den vielfältigen Errungenschaften in Kultur und Technik, an Sprache, insbesondere an geschriebener Sprache (Lesen, Schreibenlernen, sich schriftlich mitteilen können, sprachliche Strukturen erkennen) und am Verstehen und Einüben von Mathematik, an ihrer Anwendung im Leben.

(15)     Stein, Barbara, Die Montessori-Grundschule in Theorie und Praxis, Freiburg 2012, S. 48f
(16)     Montessori, Maria, Kosmische Erziehung, Freiburg 1988, S. 38

Auch der wachsenden Vorstellungs- und Abstraktionskraft des Kindes, seinem Forscherdrang wie seinem Bedürfnis nach sozialer Interaktion muss Rechnung getragen werden. Die Freiarbeits-Materialien wie auch der ergänzende Unterricht zu den Sachgebieten der Grundschule (Mathematik, Deutsch, Englisch, Sachunterricht, Kunst, Musik, Religion, Sport) korrespondieren mit den Lehrplänen des Landes. Die Arbeit in der Grundschule muss dem Gedanken folgen, dass Bildung keine Anhäufung von einzelnen Kenntnissen ist, sondern nur durch das Erfassen von Zusammenhängen erreicht wird. Das Bewusstsein vom Zusammenwirken aller Dinge und allen Lebens in der Gesamtheit des Universums soll auf die Übernahme von Verantwortung für eben dieses Universum vorbereiten (17). Montessori bezeichnet diesen für sie zentralen Erziehungsaspekt als „Kosmische Erziehung“. Der Sensibilität des Grundschulkindes für soziale Beziehungen und moralische Fragen (18) wird Rechnung getragen, indem die Lehrpersonen partner- und gruppenbezogenem Lernen Raum geben und auf eine „geistige“ vorbereitete Umgebung achten, in der sich das moralische Bewusstsein des Kindes bilden und seine Urteilsfähigkeit im Hinblick auf sozial gerechtes Handeln wachsen kann. Die Klassen sind altersgemischt (19), weil Kinder in einer Weise voneinander lernen, die kein Material und kein Erwachsener ersetzen kann.

17 Montessori, Maria, Kosmische Erziehung, Freiburg 1988, S. 19 f 18 Montessori, Maria, Kosmische Erziehung, Freiburg 1988 S. 38 f
19 Montessori, Maria, Spannungsfeld Kind-Gesellschaft-Welt, Freiburg 1979, S. 87

Durch die Verschiedenheit der Charaktere, der Begabungen, des Geschlechtes und des Alters, insbesondere des kognitiven Entwicklungs- und Lernstandes erfahren sie sowohl reiche Anregungen wie auch Begrenzungen. Die Sozialfähigkeit und die Handlungskompetenz des Kindes wachsen in einer jahrgangsgemischten Klasse auf Grund der Vielfalt der möglichen Beziehungen: die Jüngeren bewundern die Älteren, sie übernehmen von ihnen Arbeitsweisen und erbitten Hilfe; die Älteren fühlen sich reifer, in ihren Fähigkeiten anerkannt und übernehmen gerne Aufgaben als „Paten“ für die Jüngeren.

6. Die didaktischen Mittel

Damit das Kind in der vorbereiteten Lernumgebung seine Bildungsziele erreichen kann, muss es Mittel finden, die seine Aktivität herausfordern und in sinnvolle Bahnen lenken. Deswegen muss das Arbeitsmaterial (20) für die Hand des Kindes in Kinderhaus und Grundschule bestimmte Kriterien erfüllen. Das Material korrespondiert mit der kindlichen Entwicklungsstufe und seiner spezifischen Sensibilität. Es erlaubt eigenaktives und eigenständiges Arbeiten. Es zeichnet sich durch Sachgerechtigkeit und klare Strukturen aus.

(20)     Stein, Barbara, Die Montessori-Grundschule in Theorie und Praxis Freiburg 2012, S.66f

Auch abstrakte Sachverhalte sind anschaulich repräsentiert und können handelnd begriffen werden. Das Material erlaubt die isolierte Einübung einer Schwierigkeitsstufe und erleichtert dadurch die Konzentration auf das Beherrschen dieser Schwierigkeit. Die zu jeder Übung gehörende Fehlerkontrolle ermöglicht es dem Kind, seine Arbeitsergebnisse eigenständig zu überprüfen. Das Material ist vollständig, ästhetisch ansprechend gestaltet und nach Bereichen geordnet. Jedes Material ist nur einmal oder in sehr begrenzter Anzahl in der Klasse vorhanden, was die gegenseitige Absprache unter den Kindern fördert. Das Material liegt in offenen Regalen oder Schränken und ist den Kindern frei zugänglich. Beispiele:

Nicht jedes Thema kann adäquat durch ein Material dargestellt werden. Auch spannendes Erzählen oder Vorlesen sowie das engagierte Gespräch gehören zu den didaktischen Mitteln.

7. Freiheit und Begrenzung

Die Sensibilität für den Erwerb bestimmter Kompetenzen kann sich erst auswirken, wenn dem Kind in der vorbereiteten Umgebung die Freiheit gegeben wird, sich seine Arbeit selbst auszusuchen, zu entscheiden, ob es allein oder mit Partner(in) arbeiten will, seine Arbeitspartner(innen) selber zu wählen, das Zeitmaß für die Bearbeitung einer gewählten Übung selbst zu bestimmen. M. Montessori versteht unter Freiheit niemals ein bloßes Gewährenlassen. „Freiheit bedeutet nicht, ‚dass man tut, was man will‘, sondern Meister seiner selbst zu sein.“ (21) Dazu gehört es, Verhaltensregeln einhalten zu können, die ein geordnetes Arbeiten des Einzelnen wie der Gruppe gewährleisten.

Die Freiheit innerhalb der vorbereiteten Umgebung ist eine Freiheit, die Bindungen eingeht und Begrenzungen akzeptiert. Sie ist einerseits didaktisches Mittel, andererseits auch Erziehungsziel. Die tägliche Übung, sinnvoll zu wählen und sich so zu entscheiden, dass sowohl die eigenen Entwicklungsbedürfnisse wie auch die Bedürfnisse und Rechte der anderen beachtet werden, führt zu Freiheit in Verantwortung.

8. Eltern, Erzieherinnen, Lehrer und Lehrerinnen

Bezugspersonen, Erzieher(innen) und Lehrer(innen), vor allem aber die Eltern sind im Selbsterziehungsprozess des Kindes von entscheidender Bedeutung. Das Kind braucht ihre Liebe und Einfühlsamkeit, ihr Wissen und ihre Autorität. Die Erwachsenen interpretieren die kindlichen Bedürfnisse und schaffen die Bedingungen, die das Kind für seine Persönlichkeitsentwicklung braucht. (22)

(21)     Montessori, Maria Grundgedanken der Montessori-Pädagogik, Freiburg 2008, S. 32 Holtstiege, Hildegard, Modell Montessori, Freiburg 2009, S. 16
(22)     Holtstiege, Hildegard, Erzieher in der Montessori-Pädagogik, Freiburg 1991

9. Montessori-Sekundarstufe

In einem weiteren Papier: „Profil der Montessori-Pädagogik und ihrer Einrichtungen“, erarbeitet von Prof. Dr. Hans Dietrich Raapke, Universität Oldenburg, und der Fachgruppe „Theorie“ der Dozentenkonferenz der deutschen Montessori-Vereinigung e.V., finden Sie u.a. auch Ausführungen zur Montessori- Sekundarstufe. (Literatur zur Sekundarstufe (23)) Stein, Barbara , Theorie und Praxis der Montessori-Grundschule, Freiburg 1998, S.24 f

(23)     Meisterjahn-Knebel, Gudula, Montessori-Pädagogik in der weiterführenden Schule, Freiburg 2003
(24)aapke, Hans Dietrich, Montessori heute, Reinbek 2001, S.146f